ANTRIEBE UND ANTRIEBSELEMENTE I HYBRIDTECHNIK 03 Auf Basis des gemeinsam verabschiedeten Pflichtenheftes wurde das elektrische Antriebssystem einschließlich der Umrichter-internen Regelung neu entwickelt 04 Absolutes Muss: Der gesamte elektrische Antriebsstrang war in das Unterflurgestell zu integrieren, ohne dessen Abmessungen zu verändern 05 Das Hybrid-PowerPack reduziert den Dieselverbrauch um bis zu 25 % und senkt NO x -Emissionen um bis zu 20 % Antriebssystem einschließlich der Regelungstechnik komplett neu entwickelt. Die gesamte Konzeption orientierte sich dabei an den in der Wittenstein-Gruppe gültigen Innovationsstrategien MINI und SIR. MINI steht für die von Anfang an konsequente Miniaturisierung, Integration, Netzwerkfähigkeit und Intelligenz von Elektronikkomponenten und überschneidet sich inhaltlich mit den Anforderungen an die Sicherheit, die Intelligenz und die Ressourceneffizienz von Antrieben – kurz SIR. Das auf dieser Basis entstandene elektrische Antriebssystem für das Hybrid-Power- Pack von MTU besteht aus je zwei per manenterregten E-Maschinen mit ver grabenen Magneten und den beiden dazugehörigen Traktionsumrichtern mit CAN-Bus-Anbindung an die MTU-eigene Steuerung des Antriebsstranges. Die E- Maschine verfügt über ein mechanisches Nenndrehmoment von 150 Nm, ein kurzzeitiges maximales Drehmoment von über 300 Nm sowie eine spezifizierte maximale Betriebsdrehzahl von 10 000 min -1 . Die mechanische Dauerleistung liegt dann bei 200 kW – sowohl motorisch als auch generatorisch. „Während der Fahrt dient die elektrische Maschine als Energiewandler. Im motorischen Betrieb, etwa zum Beschleunigen des Fahrzeugs, wandelt sie elektrische Energie aus dem Energiespeicher in mechanische um. Im generatorischen Betrieb, zum Abbremsen des Fahrzeugs, wandelt sie mechanische Energie in elektrische Energie um und lädt damit den Energiespeicher“, erklärt Thies Schwanke. Der Traktionsumrichter mit einem Nennstrom von 240 A, der den notwendigen Drehstrom für die E-Maschine liefert, stellt in einem überlast-geschützten Spannungsbereich von 610 bis 730 V DC die volle elektrische Dauerleistung von 185 kVA zur Verfügung. Kommunikationstechnisch ist der Traktionsumrichter mit einer CAN-Bus- Anbindung gemäß Standard J1939 ausgestattet. Thies Schwanke erläutert: „Der CAN-Bus ist nicht nur die Schnittstelle zur Steuerung des Antriebsstranges, um beispielsweise Soll- und Ist-Drehzahlen und -Drehmomente zu übertragen, sondern ermöglicht auch den Betrieb von mehreren parallelen Traktionseinheiten an nur einem physikalischen CAN-Netzwerk, was in komplexen Antriebssystemen zur Vereinfachung der Verkabelung nötig ist. Darüber hinaus erfolgt über den CAN-Bus die Ausgabe von Fehlermeldungen und Alarmen sowie eine standardisierte Diagnose-Kommunikation im Unified Diagnostic Services- Protokoll, kurz UDS.“ Die E-Maschine, die durch ein schrägverzahntes Getriebe mit der zentralen Welle verbunden ist, und die Leistungselektronik des Traktionsumrichters gehören wie das Dieselaggregat zu den Kernkomponenten des Hybrid-PowerPacks. Der Verbrennungsmotor erzeugt die mechanische Energie zum Antrieb des Fahrzeugs. Die elektrisch geschaltete Trennkupplung ermöglicht es, den Dieselmotor vom elektrischen Antriebsstrang abzukoppeln, wodurch dieser beim rein elektrischen Fahren nicht mit geschleppt werden muss. Dies resultiert in einer besseren Energieeffizienz, einer erhöhten Lebensdauer des Antriebsstrangs und einem leiseren Betrieb. Die Antriebs- steuerung ist für das Leistungs- und Energiemanagement im Antriebssystem verantwortlich. Sie setzt die per Fahrhebel gewählten Traktions- und Bremsanforderung möglichst energieeffizient um. Sie entscheidet, wann der Dieselmotor zuoder abgeschaltet wird, wann und in welche Richtung die elektrische Maschine Leistung erzeugt und wie beispielsweise die Aufteilung des antreibenden Drehmomentes zwischen Dieselmotor und elektrischer Maschine während des Beschleunigungsvorgangs erfolgt. Das MTU-System bietet weitere elektrische Schnittstellen, über die diverse elektrische Nebenaggregate wie beispielsweise die Fahrzeugklimaanlage versorgt werden. Die Energiespeicher im Hybrid-Power- Pack – mehrere Batteriemodule, die auf dem Dach, im Innenraum oder im Unterflurbereich montiert werden können – speichern die elektrische Energie und stellen sie dem E-Antriebsstrang zur Verfügung. Ökologische und ökonomische Vorteile Im praxisnahen Erprobungsbetrieb auf zwei Strecken mit insgesamt 15 000 Testkilometern hat MTU den Nachweis erbracht, dass der Bahnhybridantrieb ein serienreifes Konzept mit real nachgewiesenen Vorzügen ist. In verschiedenen Hybridfahrstrategien konnten gegenüber der Dieselreferenzfahrt eindeutige Vorteile gemessen werden: n bis zu 25 % Kraftstoffeinsparung (je nach Fahrzeug und Strecke etwa 50 000 Liter Diesel pro Fahrzeug im Jahr) und entsprechend 132 000 kg weniger CO 2 -Ausstoß, n 20 % weniger NO x -Emissionen sowie n das abgas- und weitgehend lärmfreie Fahren in Bahnhöfen sprechen aus ökologischer Sicht eine deutliche Sprache. Ökonomisch auf den gesamten Lebenszyklus betrachtet amortisieren sich die Anschaffungskosten eines Hybrid-PowerPacks zunächst über die gesparten Kraftstoffkos- 64 Mobile Maschinen 6/2017
HYBRIDTECHNIK I ANTRIEBE UND ANTRIEBSELEMENTE ten, die einen Anteil von 50 bis 60 % der Lebenszykluskosten ausmachen können. Maßgeblich für die Einsparung sind die Rekuperation der Bremsenergie und die Verwendung dieser rückgewonnenen Energie für den Beschleunigungsvorgang. Weitere Kraftstoffersparnis entsteht dadurch, dass die durch die Hybridisierung elektrifizierten Hilfsantriebe im Fahrzeug nun bedarfsgerecht versorgt werden können. „Auf Strecken mit vielen Haltepunkten ist der Hybridantrieb daher besonders wirtschaftlich und dementsprechend erfolgt die Amortisation schon nach wenigen Jahren“, zieht Dr. Peter Riegger eine positive Bilanz des Hybrid-PowerPacks. Auch beim Wartungsaufwand hat die Hybridtechnik gegenüber rein diesel-betriebenen Antriebsaggregaten die Nase vorne: Die Service- Intervalle verlängern sich, da sich durch den elektrischen Teilbetrieb die für die Wartung relevanten Betriebsstunden des Dieselaggregates reduzieren. Darüber hinaus vermindert die Generatorfunktion der E-Maschine bei der Rekuperation den Bremsenverschleiß am Fahrzeug. Erfolgreich durch konstruktiven Dialog Die finale Serienreifmachung des Hybrid- PowerPack im Jahr 2017 beschließt ein Entwicklungs- und Umsetzungsprojekt, in dem verschiedene Fachabteilungen von MTU und Wittenstein sehr eng und im offenen, vertrauensvollen Austausch seit 2014 zusammengearbeitet haben. „Die Zusammenführung der verschiedenen Kompetenzbereiche war eine interessante Herausforderung“, blickt Thies Schwanke zurück. Insgesamt waren knapp 40 Personen aus entwicklungs- und fertigungsnahen Fachabteilungen involviert, aus dem sich ein Kernteam von etwa acht Personen gebildet hat, deren Arbeit besonders eng miteinander verzahnt war. „Neben der antriebsund steuerungstechnischen Expertise von Wittenstein und deren planungssicheren Kostenrahmen für die Entwicklung bis zum Prototyp war es für uns ganz entscheidend, dass das Unternehmen auch die Umsetzungsverantwortung übernommen hat. Dadurch wurde vom ersten Moment der Entwicklung an auch immer der Aspekt der fertigungsgerechten Auslegung des kompletten elektrischen Antriebssystems berücksichtigt, so dass eine reibungslose und wirtschaftlich effiziente Serienproduktion gewährleistet ist“, so Thies Schwanke. Gleichzeitig hat Wittenstein damit die Grundlage geschaffen, um MTU auch in anderen Anwendungsfeldern der Hybridtechnik als Partner zu begleiten. Weitere Einsatzmöglichkeiten des Hybrid-PowerPacks Die Vielzahl messbarer ökologischer und ökonomischer Vorteile führt dazu, dass die Hybridtechnik zunehmend Eingang in die Ausschreibungen von Antriebsaggregaten für neue Niederflurfahrzeuge findet. Aber nicht nur die Schiene setzt möglicherweise künftig auf hybride Elektromobilität: Der modulare Aufbau des Hybridantriebs ermöglicht eine Adaption auf andere Anwendungen, wie etwa für Schiffe und Schlepper, für Landmaschinen und Pistenfahrzeuge, für Schwerfahrzeuge im Bergbau oder als Pumpenantriebe bei der Öl- und Gasgewinnung. Bei MTU ist man somit in der Lage, auf der Basis des mit Wittenstein umgesetzten Projektes verschiedene Einsatzfelder bedienen zu können – mit den entsprechenden Vorteilen, was das technologische Know-how und die Realisierungskosten betrifft. Bilder: 01–03 Wittenstein, 04 und 05 MTU www.wittenstein.de www.mtu-online.com Video Was macht das Hybrid PowerPack so revolutionär? Die Antwort gibt das Video! http://www.mtu-online.com/mtu/ anwendungen/hybrid/index.de.html Bedien- und Steuergeräte I/O Module Tastaturen Wir freuen uns auf Ihren Besuch auf unserem neuen Messestand! Steuerungen Software Service &Consulting Halle 7 | Stand 177 Graf-Syteco GmbH &Co. KG Neue Wiesen 12 | D-78609 Tuningen Tel. +49 (0)7464 9866 0 | Fax +49 (0)7464 9866 770 Mail: info@graf-syteco.de | www.graf-syteco.de
77221 6 Organ des Forums Mobile Mas
EDITORIAL MIT UNS HABEN SIE ALLES I
NACHRICHTEN Hydraulik-Wissen vertie
Liebherr und Deutz unterzeichnen Ko
Martin Lehner wird neuer CEO Der Au
NACHRICHTEN Traktor mit hoher Leist
Laden...
Laden...