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Mobile Maschinen 5/2015

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Das „Walz-Lager“

Das „Walz-Lager“ Schmierfreies Universal-Polymergleitlager für Pendelachse in Gummiradwalzen Harry Suckau Straßenbaumaschinen müssen widrigsten Bedingungen trotzen. Daher setzt die Hamm AG in ihren Gummiradwalzen auf schmiermittelfreie Kunststofflager aus dem Standardprogramm des Polymerspezialisten Igus. Sie sorgen für höchste Maschinenverfügbarkeit. Am Anfang war ein Musterteil. „Ein Kollege sah das Maschinenelement auf meinem Schreibtisch“, erinnert sich Andreas Pinzer, Konstrukteur der Hamm AG in Tirschenreuth. Das Unternehmen gehört seit 1999 zur international tätigen Wirtgen- Gruppe, die für Straßen-, Erd- und Kanalbauten Verdichtungsaggregate zur Verfügung stellt. „Er hat es einer Prüfung unterzogen, da er sicher war, es im Rahmen eines Konstruktionsauftrages einsetzen zu können.“ Es handelte sich um ein ungeschmiertes trockenlaufendes Gleitlager mit Bund und einem Durchmesser von 60 mm aus dem Universalwerkstoff Iglidur G der Igus GmbH, Köln. Das Allroundlager deckt vielfältige Anwendungsbereiche ab und kann bei mittleren bis hohen Belastungen, mittleren Gleitgeschwindigkeiten und Temperaturen eingesetzt werden. Das Gleitlager ist vom zuständigen Außendienstmitarbeiter anlässlich einer Beratung vorgestellt worden und anschließend als Muster vor Ort verblieben. Harry Suckau, Branchenmanager Baumaschinen, igus GmbH, Köln Der Prüfprozess ist so erfolgreich verlaufen, dass das Polymerlager bis heute von Hamm schon tausendfach verbaut wurde. Es sichert den Niveauausgleich der vorderen Radaufhängung über zwei Radschwingen zwischen den vorderen Radpaaren der Gummiradwalze GRW 280 des Oberpfälzer Unternehmens. Extreme Radlasten Es gibt seit über 40 Jahren Gummiradwalzen. „Allradgelenkt und allradgetrieben sind sie ursprünglich für den Kanalbau entwickelt worden, da sie die Steigungen problemlos bewältigen konnten“, erklärt Produktmanager Reiner Bartsch. Heute kommen sie fast ausschließlich im Straßenbau zum Verdichten zum Einsatz. Der entscheidende Vorteil von Gummiradwalzen ist, dass der Asphalt nicht an den Reifen kleben bleibt. Seit dem Jahr 2010 steht ein überarbeitetes Modell mit einer möglichen Ballastierung von zehn bis maximal 28 t zur Verfügung. Die Radlasten variieren dabei zwischen 1,25 bis 3,5 t pro Rad. Die vorderen und hinteren Radsätze bestehen aus je vier Pro Radpaar werden zwei Iglidur G Polymerlager in der Vorderachse der Straßenwalze verbaut Gummirädern, die paarweise angeordnet sind. Während die Hinterachse starr ist, kann die Vorderachse um 2° pendeln. Das Pendeln gleicht Unebenheiten aus. „Beim Überarbeiten des jahrzehntelang bewährten Modells ist jedes Bauteil auf den Prüfstand gekommen“, so Pinzer. Ragten früher Hydraulikzylinder für den Niveauausgleich der vorderen Radaufhängung aus dem Rahmen in das Sichtfeld des Fahrers, sind sie durch zwei Radschwingen zwischen den vorderen Radpaaren ersetzt worden. Der Niveauausgleich erfolgt je Radpaar über zwei schmierfreie Kunststoffgleitlager. Sie substituieren Bronzelager, die entschei- 26 Mobile Maschinen 5/2015

GLEITLAGER I ANTRIEBE UND ANTRIEBSELEMENTE Hamm: Innovatoren im Straßenbau 1878 von den Brüdern Franz und Anton Hamm gegründet, konzentrierte sich das Unternehmen zunächst auf die Herstellung von Dreschgarnituren für die Landwirtschaft. 1911 begehen die Firmengründer neue Wege und bauten die erste motorgetriebene Straßenwalze der Welt (Bild). In den Folgejahren erkannten die Gebrüder die zunehmende Bedeutung von Straßen und konzentrierten ihre Bemühungen fortan auf den Bau von Straßenwalzen. 1932 folgte die nächste Weltneuheit: Alois Hamm, Sohn von Anton Hamm, entwickelt die erste allradgetriebene und allradgelenkte Tandemwalze. Heute ist Hamm der älteste, noch aktive Walzenbauer Deutschlands. dende Nachteile haben, wie Projektleiter Stefan Reber erläutert: „Zum einen müssen sie geschmiert werden, zum anderen sind sie teuer im Beschaffungsprozess. Unser Ziel war, eine wirtschaftliche und wartungsfreie Lösung im Bereich der neuen Pendellagerung zu finden.“ Robust und wirtschaftlich Neben diesen Anforderungen müssen die Lager sehr harschen Umweltbedingungen standhalten: Abgesehen von der extrem hohen Belastung von bis zu 3,5 t pro Rad müssen die Universallager beim Verdichten dauerhaft Asphaltdampf von bis zu 80 °C standhalten. Dazu kommt ein Additiv aus der Berieselungsanlage, das verhindert, dass der Asphalt an den Rädern haftet. Das Trennmittel, eine Diesellösung, tropft auf die Lagerstelle und dringt in die Lagerung ein. Das gilt auch für den noch warmen Asphalt, der sich beim Verdichtungsprozess in der Einheit ablagern kann, beim Pendelvorgang allerdings wieder abfällt. Dazu kommen Staub und im Winter Salzwasser. Überdies sind die Hamm-Fahrzeuge weltweit im Dauereinsatz, auch unter widrigsten Witterungsbedingungen. Eine Walze kann bis zu zwölf Stunden und mehr nahezu ununterbrochen im Arbeitseinsatz sein, egal ob in Spitzbergen oder Chile. „Wartungs- und Schmiermittelfreiheit haben für uns bei der Auslegung technisch eine wesentliche Rolle gespielt“, so Reber. „Aber die wirtschaftlichen Vorteile der Poly - mer lager haben uns ebenfalls überzeugt.“ Das Einsparpotenzial gegenüber den bisher eingesetzten Bronzelagern liegt bei nahezu 75 Prozent. Maximale Maschinenverfügbarkeit In den Gummiradwalzen ist das Standardmaterial Iglidur G aus dem Katalog mit einem Durchmesser von 60 mm verbaut. Es fängt die hohen Kräfte ab, die die Walze ausübt. Dazu kommen die Themen Temperatur- und Schmutzbeständigkeit sowie Wartungsfreiheit. „Unternehmen sparen außerdem Betriebsmittel, da die Schmierung vollkommen entfällt“, macht der technische Verkaufsberater Johannes Heim einen weiteren Aspekt klar. „Wir haben damals im Katalog gesehen, dass wir mit unserem Anforderungsprofil auf eine Reihe von Standardlagern setzen konnten“, blickt Pinzer zurück. „Auch ein Lager mit einem Durchmesser von 30 mm hätte bereits den Belastungen standgehalten. Aber da wir an den Radpaaren ausreichend Platz zur Verfügung hatten, haben wir uns für den größeren Durchmesser entschieden. „In Bezug auf die Igus-Gleitlager kann ich nur sagen: Der Erfolg hat uns Recht gegeben. Sie funktionieren absolut einwandfrei.“ Sein Kollege, Stefan Reber, verdeutlicht noch einen weiteren Aspekt. „Straßenbau ist kostenintensiv. Die Maschinenverfügbarkeit der Asphaltmaschinen muss stimmen. Sie dürfen nicht wegen eines Bauteils ausfallen.“ Das Unternehmen setzt folgerichtig auf ein geprüftes Standardbauteil und verzichtet auf die sonst notwendige eigene Eingangsprüfung. Auch in anderen Bereichen baut Hamm auf die Multifunktionalität der Polymerlager aus Köln. „An allen Stellen, an denen Wellen und Achsen gelagert werden, wie beispielsweise im Bereich der Abstreifer und Bremspedale kommen heute ausschließlich schmierfreie Polymerlager zum Einsatz“, sagt abschließend Pinzer. „Die Kombination aller Maschinenelemente sorgt für die notwendige Maschinenverfügbarkeit im rauen Betriebsalltag.“ Bilder: igus, Aufmacher und Kasten Hamm www.igus.de

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