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Mobile Maschinen 2/2018

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FUNKTIONALE SICHERHEIT

FUNKTIONALE SICHERHEIT TRAKTORENTWICKLUNG, ABER SICHER Die Entwicklung von elektronischen Komponenten nach Sicherheitsstandards ist in vielen Industrien bereits seit Jahren nicht mehr weg zu denken. Vor mehr als 10 Jahren wurden auch in der Agrarindustrie Standards, wie die ISO 25119, eingeführt. Welche Auswirkungen haben diese Anforderungen in der Praxis für die Entwicklung von Traktorkomponenten? 60 Mobile Maschinen 2018/02 www.mobile-maschinen.info

Mittlerweile verweist die „New Mother Regulation“ (EU ‘Mother’ Regulation 167/2013) in der EU auf die Anwendung von vorherrschenden Sicherheitsstandards als Vorbedingung für die Homologation von Traktoren. Doch was heißt das in der Praxis? In diesem Artikel wird an einem Beispiel gezeigt, wie sich die Berücksichtigung der Standards auf den täglichen Arbeitsalltag auswirkt und welche zusätzlichen Anforderungen und Maßnahmen im Entwicklungsprozess notwendig sind. Durch das Einbauen von zusätzlichen Überwachungen verändert sich nicht nur die Funktion selbst, sondern auch der gesamte Entstehungsprozess: Eine „Sicherheitskultur“ muss eingeführt werden, zusätzliche Prozesse werden unabdinglich. V + S ruhend R + S Fahrtrichtung Vorwärtskontakt (V) Sicherheitskontakt (S) Rückwärtskontakt (R) 01 Richtungshebel WAS IST SICHERHEITSRELEVANT? Zum besseren Verständnis der Funktion, wird das Anfahren des Traktors als Beispiel herangezogen. Mit dem Richtungshebel kann der Fahrer die gewünschte Fahrtrichtung auswählen bzw. zügig wechseln. Während einer Gefahren- und Risikoanalyse wird jede Funktion daraufhin bewertet, ob im Fehlerfall der Benutzer oder andere Personen gefährdet werden. Wird diese Frage mit ja beantwortet, so kann die Funktion als sicherheitsrelevant eingestuft werden. Wie viele andere Funktionen im Zusammenhang mit dem Getriebe erhält das Anfahren über den Richtungshebel ebenso eine sicherheitsrelevante Einstufung. Dies führt dazu, dass eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt werden müssen, um die Funktion abzusichern. Im dargestellten Beispiel ergibt die Analyse, dass der Befehl zur Richtungsänderung an die Getriebeelektronik nur dann aktiviert werden darf, wenn sich der Richtungshebel in der entsprechenden Position befindet. Anders formuliert: Der Traktor darf seine Fahrtrichtung nicht ändern oder anfahren, wenn ein Elektronikfehler auftritt. Folgendes ist dabei zu beachten: n Die Eingabedaten (Signale, wie z. B. vom Richtungshebel) müssen korrekt sein n Die Verarbeitung (Auswertung der Signale am Steuergerät) muss korrekt sein n Die Ausgabedaten (Signale wie z. B. zum Getriebe) müssen korrekt sein Im dargestellten Beispiel müssen die Eingangssignale vom Fahrtrichtungshebel zuverlässig sein, und die Ausgangssignale zum Getriebe müssen richtig gesendet werden. Dazu werden die Leitungen überwacht (Kurzschluss, offene Leitung, Plausibilität des empfangenen Signals). Werden die Daten als Nachrichten über den CAN-Bus übertragen, wird die Empfangszeit überwacht, sowie eine Prüfsumme über die Nutzdaten errechnet. Die Prüfsumme wird beim Senden mitübertragen, und beim Empfangen neuberechnet. Anschließend wird die übertragene Prüfsumme, mit der beim Empfang berechneten Daten, verglichen. Wurden Daten bei der Übertragung verfälscht, kann anhand der Prüfsumme ein Datenübertragungsfehler festgestellt werden. Für die Verarbeitung werden der Speicher und die Laufzeit der Funktion überwacht. Der größte Teil dieser Überwachung wird bereits in den Ein-/Ausgabetreibern der Basis-Software durchgeführt. Bedienanforderung zugewiesenes Sicherheitsziel Reaktion des Fahrzeugs Vorwärts/Rückwärts Anforderung SG Vermeide unerwartetes Anfahren c Traktor fährt wie angefordert Mensch-Maschine-Schnittstelle (MMI) Anforderung: E/E-System E/E-System Ausgang: E/E-System Richtungshebel F/R Shuttle Anfahren des Traktors Anfahrfunktion Proportional Signale Kupplungsaktuatorik AgPL r c 02 Systemdarstellung der Anfahrfunktion www.mobile-maschinen.info Mobile Maschinen 2018/02 61

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