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Mobile Maschinen 6/2015

Mobile Maschinen 6/2015

ANTRIEBE UND

ANTRIEBE UND ANTRIEBSELEMENTE In drei Jahren von der Skizze zum Walzenzug-Prototyp Langjährige Systempartnerschaft macht kurze Entwicklungszeit möglich Michael Natrop Baumaschinenhersteller Hamm stellt sich 2010 ein sportliches Ziel: Nicht nur der Motor nebst Abgas partikelfilter und Stickstoffnachbehandlung sollte bis zur bauma 2013 neu ausgelegt werden, sondern eine komplett neue Generation von Walzenzügen war der Anspruch. Nur logisch, dass bei der Wahl der Komponenten keine Experimente gemacht wurden. Michael Natrop, Leiter Vertrieb und Produktmanagement Getriebeeinheiten, Bosch Rexroth AG Im Vorderwagen eine mächtige Walze, im Branchenjargon Bandage genannt, der Hinterwagen mit Fahrerkabine, Motor und großformatigen Reifen über ein Dreipunkt- Pendel-Knickgelenk verbunden – so konzipiert bringt ein schwerer Walzenzug bis zu 50 t Verdichtungsleistung auf den Boden. Ob beim Bau des Staubeckens im Tal des chilenischen Rio Blanco oder des Damms im ewigen Eis des österreichischen Tiefenbachferners, Walzenzüge zur Verdichtung des Untergrunds scheuen keine Extreme. Schmutz, Staub, Vibrationen und Umgebungstemperaturen zwischen -40 und +50 °C stellen höchste Anforderungen an alle Maschinenkomponenten in der H-Serie von Hamm. Eine neue Generation entsteht Rückblende ins Jahr 2010. Betriebsamkeit allenthalben bei Herstellern von Baumaschinen. Sowohl die EU als auch die USA kündigen an, 2014 die Schadstoffbegrenzung Stufe IV/Tier 4 final umzusetzen. Eine echte Herausforderung, da in vielen Maschinenkonzepten kein Platz für die erforderlichen Komponenten vorgesehen war. Hamm entschied sich dafür, nicht nur Motor nebst Abgaspartikelfilter und Stickstoffnachbehandlung neu auszulegen, sondern eine vollständig neue Generation Walzenzüge zu entwickeln. Das Ziel: Zur bauma 2013 in München sollte der Prototyp präsentiert werden. Von der Planskizze zum fertigen Vorserienprodukt in knapp drei Jahren ist ein sportliches Ziel. Kein Wunder, dass die Produktentwickler bewährte Partner bevorzugten. Seit dem Jahr 2000 ist Bosch Rexroth Komponentenlieferant und Systempartner für die Hamm- Walzenzüge der 3000er- Serie. Recht zeitig für den Einsatz in der neuen H-Serie konnte Rexroth die Getriebeeinheiten Hydrotrac GFT der Baureihe 8000 anbieten. Entscheidendes Plus bei

ANTRIEBE UND ANTRIEBSELEMENTE dieser integrierten Kombination eines Planetengetriebes mit einem Hydromotor: eine Erhöhung des Druckniveaus auf einen Maximaldruck von 500 bar. Somit ist dies die erste Wahl für den Antrieb der Vibrationsbandage in den neuen Hamm-Maschinen. Da ist Power gefragt „Schlüsselkomponenten eines Walzenzugs sind Antriebsstrang und Vibrationsbandage“, so Reiner Bartsch, Produktmanager der Hamm AG. „Unsere Kunden im Erdbau erwarten neben höchster Zuverlässigkeit und Verdichtungsleistung Drehmoment satt in allen Fahrsituationen.“ Leistung zählt deshalb, weil Walzenzüge beste Verdichtungsleistung mit hoher Steigfähigkeit und Geländegängigkeit verbinden müssen. Thomas Bletscher, verantwortlicher Projektleiter der H-Serie bei Hamm, ergänzt: „Im Deponiebau z. B. müssen Steigungen bis zu 60 % bewältigt werden, da ist Power gefragt.“ Zur Erfüllung all dieser Anforderungen leistet der hydrostatische Antrieb einen entscheidenden Beitrag. Den harten Einsatzbedingungen der Walzenzüge entsprechend setzt Hamm auf robuste und langlebige Konstruktionen. Außerdem sind eine kompakte Bauform, eine große Auswahl an Übersetzungsverhältnissen und Abtriebsmomenten sowie einfache Konfigurierbarkeit wichtige Kriterien für den hydrostatischen Antrieb. Bei der GFT-Baureihe 8 000 wandeln je nach Auslegung zwei- oder dreistufige mechanische Planetengetriebe das Drehmoment. Hamm setzt bei leichteren Walzen auf die Nenngröße GFT 8130 mit einem zweistufigen Planetengetriebe, bei schweren auf das dreistufige GFT 8140. Die GFT-Baureihe 8 000 bietet erstmals die Möglichkeit, Rexroth A6VE Hydromotoren der Baureihe 71 zu integrieren, um so die Leistungsdichte der gesamten Antriebseinheit zu steigern. Möglich wird diese Steigerung durch das höhere Schluckvolumen der A6VE/71. Das Resultat ist ein um rund 10 % höheres Drehmoment im Vergleich zur vorigen Baureihe und eine dementsprechende Leistungssteigerung – was die Fahrleistungen spürbar verbessert. Walzenzüge der Gewichtsklasse zwischen 11 und 16 t setzen sowohl beim Achs- als auch beim Bandage-Antrieb auf Rexroth- Komponenten. Die Schwungmasse für die Vibration wird ebenfalls hydrostatisch angetrieben, und zwar von einem Schrägachsenmotor vom Typ A2FM. Druck bekommt die Hydraulik von einer Rexroth A4VG Verstellpumpe, die ein umweltfreundlicher Vierzylinder-Dieselmotor mit modernster Verbrennungstechnik, Abgasnachbehandlung und Dieselpartikelfilter antreibt. Durch eine intelligente Luftführung entspricht der Dieselmotor der EU Stufe IIIB/Tier 4 interim selbst bei Umgebungstemperaturen bis 50 °C. Maximale Traktion ohne Schlupf Besondere Anforderungen stellen sich in der Vibrationsbandage, die neben dem Eigengewicht der Walze auch durch die Rotation einer Unwucht, des sogenannten Kreisrüttlers, zusätzliche Energie in den Untergrund einleitet. Da Getriebe und Motor direkt in der Bandage verbaut sind, nehmen die Komponenten unmittelbar an der Vibration teil. Entsprechend robust hat Hamm zusammen mit Rexroth deshalb Aufnahmen und Lager konzipiert. Der Ein- Die Getriebeeinheiten eignen sich für rad- und kettengetriebene Fahrzeuge wie Straßenfertiger, Feldspritzen oder Schwerlasttransporter schub-Verstellmotor A6VE in Schrägachsenbauweise ist elektrisch proportional verstellbar und erfüllt durch seinen großen Regelbereich die Forderung nach hoher Drehzahl und hohem Drehmoment. Geregelt wird er vom Maschinen-Managementsystem Hammtronic, das eine vollautomatische Traktions- und Schlupfregelung bietet. Der Antrieb des Kreisrüttlers für die Rotation der Unwucht lässt sich auf Knopfdruck im Bereich zwischen 20 und 40 Hz verstellen. Standardmäßig sind zwei unterschiedliche Amplituden für die Umschlagunwucht programmiert. So gibt es für jeden Untergrund die passende Einstellung. Zuverlässiges Erfolgsmodell Gut zwei Jahre nach Serienanlauf bescheinigte Produktmanager Reiner Bartsch der H-Serie und ihren Komponenten höchste Qualität: „Maschinen mit 4000 bis 5000 Betriebsstunden laufen selbst im anspruchsvollen Vermietungsgeschäft absolut störungsfrei.“ Die H-Serie ist deshalb ein Erfolgsmodell der Baumaschinenbauer aus dem bayerischen Tirschenreuth. Bilder: Aufmacher, Hamm AG, Bild 1, Bosch Rexroth AG www.boschrexroth.de Technology for Man & Machine Wachendorff.indd 1 03.08.2015 11:47:53 Mobile Maschinen 6/2015 51

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