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Mobile Maschinen 5/2017

Mobile Maschinen 5/2017

AGRITECHNICA I SPECIAL

AGRITECHNICA I SPECIAL Kompakt, smart, effizient Elektrifizierung von Steuer- und Regelelementen in mobilhydraulischen Antriebssystemen Lebensdauer, Zuverlässigkeit und Betriebskostensenkung sind nur drei wichtige Faktoren, wenn es um die Auswahl eines Stellantriebs für mobile Arbeitsmaschinen geht. Der aktuelle Entwicklungstrend distanziert sich derzeit von Hydrauliksystemen und begrüßt stattdessen die Elektrifizierung von Steuer- und Regelelementen mobilhydraulischer Antriebssysteme. Wir sprachen mit Rutger Peeters über den Trend und welche Alternativen Sonceboz als Spezialist für mechatronische Antriebssysteme bereits entwickelt hat. Der Ursprung des Entwicklungstrends liegt in ihrer Einfachheit gegenüber komplexer Hydrauliksysteme. Sie lassen sich problemlos in programmierbare Steuersysteme integrieren, sind einfach zu bedienen und zudem auch unter rauen Bedingungen einsetzbar. Zudem sind sie eine umweltfreundliche Alternative, die nur dann Strom abfragt wenn er angesteuert werden muss. Sie sind die Alternative zu Elektrohydraulischen Aktuatoren. Hierbei handelt es sich um mit Solenoiden angesteuerte Ventile, die den Steuerdruck am Ventilschieber und somit die Ventilbewegung regeln. Die Öldruckversorgung kann intern aus dem Hauptkreis oder über einen externen Steuerkreis erfolgen. Druckschwankungen im System, Verunreinigungen im Fluid und dessen schlechtere Fließfähigkeit bei niedrigen Temperaturen haben daher aber negative Auswirkungen auf die Vorsteuerstufe und damit auf die Regelungsfähigkeit und Regelungsgüte des Ventils. Sprich: es muss immer ein Pilot- Druck anliegen, damit die Funktionsfähigkeit garantiert ist, auch wenn die Arbeitshydraulik nicht im Einsatz ist. Dies verursacht Energieverluste im passiven Betrieb. Daneben bietet der elektromechanische Aktuator den großen Vorteil, dass er relativ einfach die Elektrifizierung von mechanischen Ventilen ermöglicht. Mechanische Ventile sind in der Regel nicht mit internen Steuerdruckkanälen ausgestattet, wodurch eine Umstellung auf die elektrohydraulische Ansteuerung eine große Designänderung erfordert. Wir als Spezialist für mechatronische Antriebssysteme haben uns dieser Problematik gestellt. Wie sieht Ihre Problemlösung im Konkreten aus? Herr Peeters, Landmaschinenhersteller bevorzugen immer mehr den Einsatz elektromechanischer Aktuatoren hingegen herkömmlicher hydraulisch vorgesteuerter Systeme. Woraus resultiert dieser Entwicklungstrend? Rutger Peeters ist seit 2015 Sales and Application Manager bei Sonceboz in der Schweiz. Dort ist er verantwortlich für die Betreuung der Kunden für Elektrohydraulische Anwendungen im Bereich Off-Highway und LKW Unser Ziel war es, eine Arbeitshydraulik mit Ventilen ohne Vorsteuerstufe zu realisieren. Mit dem kompakten Aktuator S42 haben wir ein mechatronisches System entwickelt, das auf einem bürstenlosen elektrischen Motor mit integrierter Elektronik basiert und über CAN-Bus angesteuert wird. Der Stellantrieb bringt genug Kraft auf, um den Hauptschieber des Hydraulikventils direkt zu betätigen. Durch die elektrische Regelung sind zudem die Zuverlässigkeit und die Präzision komplett abgekoppelt vom Ölkreislauf erreichbar. Auch muss kein hydraulischer Druck anliegen, wenn die Arbeitshydraulik nicht läuft. Das erhöht den Wirkungsgrad des Systems. Zudem sind durch das elektrisch angesteuerte Ventil mit dem smarten Aktuator keine Durchgangsbohrungen für die Steuerdruck-Leitungen erforderlich. Seine modulare Bauweise ist ebenfalls unabhängig vom Ventilblock. Der Hauptgrund für die Alternative zu klassischen Elektrohydraulischen Aktuatoren war somit, dass wir mit dem S42 komplett auf das Vorsteueröl verzichten können. Das Öl, welches in der Regel zum Bewegen des Schiebers verwendet wird, entfällt. Das macht den smarten Aktuator deutlich wartungsärmer und energieeffizienter, denn eine Verschmutzungsgefahr des Ölkreislaufs entfällt. Hiermit werden die gesamten Systemkosten gesenkt. Sie haben erwähnt, dass der S42 über CAN-Bus angesteuert wird. Warum entschied man sich für dieses Bussystem? Das Feldbussystem CAN (Controller Area Network) fungiert als Schnittstelle und verbindet mehrere gleichberichtige Komponenten innerhalb eines Systems über einen

SPECIAL I AGRITECHNICA 2-Draht Bus. CAN gilt als störsicher, was das System besonders attraktiv für den Einsatz in Landmaschinen und Nutzfahrzeugen macht. Neben der Ansteuerung der Komponenten ermöglicht das Kommunikationssystem auch eine Retourkommunikation über die Diagnostik in den Komponenten. Für welche Einsatzmöglichkeiten ist der smarte Aktuator ausgelegt? Der S42 verfügt über einen elektrischen bürstenlosen Motor, der gegenüber starken Vibrationen resistent ist. Sein 2-stufiges Getriebe setzt die Drehbewegung des Motors in eine lineare Bewegung des Ventilschiebers um. Auch der Motor und die integrierte Elektronik sind in ein stabiles und dichtes Druckgussgehäuse aus Aluminium mit Schutzgrad IP6K9K eingebettet und widerstehen so den härtesten Umgebungsbedingungen. Um das Ventil auch bei extremen Umgebungstemperaturen von -40 bis +92 °C sicher und präzise ansteuern zu können, kann ein temperaturspezifisch angepasstes Verhalten des Aktuators hinterlegt werden. Auf diese Weise kann auf die Veränderungen des Ventils durch die ungünstige Viskosität des Hydraulik-Fluids reagiert werden. Der S42 ist mit seiner robusten Bauweise und langen Lebensdauer ideal für den Einsatz in Off-Highway-Maschinen. Ursprünglich wurde er in diversen Landmaschinen von John Deere eingesetzt. Aber nicht nur für Traktoren und Anbaugeräten ist eine präzise Positions- und Bewegungssteuerung gefordert. Auch präzise Armbewegungen eines Teleskopladers gehören beispielsweise zum Anwendungsbereich. Es ist für uns bei Sonceboz sehr wichtig, dass wir nicht nur Komponenten für eine bestimmte Applikation entwickeln, sondern dem Endkunden auch einen Mehrwert und Service bieten können. Wir stehen mit unserem Namen für Qualität und gewährleisten dies unter anderem durch interne Tests. So haben wir im Fall des S42 diesen auf Resistenz gegen Vibration, hohe Temperaturen, Feuchtigkeit und Verschmutzung getestet. Sie haben kürzlich die nächste Generation Ihrer S42-Serie auf den Markt gebracht. Was sind die Vorteile dieser Produkte? Halle 16/Stand E21 Seit Anfang des Jahres haben wir unsere erfolgreiche Produktfamilie um die beiden Modelle SENSE42 und SAFE42 erweitertet. Diese unterscheiden sich im Aufbau nur wesentlich und kommunizieren ebenfalls über CAN. Der SENSE42 ist die optimale Lösung wenn das System quasi nur eine sichere Deaktivierung der Ventilsteuerung im Fehlerfall benötigt. Hierbei bewegt die integrierte Feder des Ventils die Spule nach der Motorabschaltung in die sichere Neutralstellung zurück. Die CAN-Elektronik und der Positionssensor arbeiten weiterhin für den On-Board-Diagnose-Zweck. Um Sicherzustellen, dass sich das Ventil wieder in der Nulllage befindet, haben wir einen Positionssensor implementiert. Gegenüber einer alternativen elektrischen Ansteuerung und einem separaten Positionssensor an der anderen Seite des Ventils vereinfacht man das System. Der Anwender kann auf den separaten Positionssensor verzichten und spart zusätzliche Verkabelung und Bauraum. Ein zweiter Anwendungsfall ist eine kombinierte Hebel/remote Ventilbetätigung. Bei einem gleichzeitigen manuellen und vom Joystick ausgehenden Befehl deklariert der SEN- SE42 per Sensor einen Fehler und schaltet sich ab .Die Encoderposition wird, wie bei nur einer manuellen Betätigung, über CAN gesendet. Um den Stillstand des Aktuators zurückzusetzen, müssen beide Verursacher für ungefähr zwei Sekunden in einer neutralen Position stehen. Der SAFE42 ist hingegen ein gemäß ISO 13849 entwickelter PL c oder d Stand-Alone-Aktuator mit Positionssensor, der aufgrund seiner Konfigurationsmöglichkeiten extrem vielseitig einsetzbar ist. Die Namenswahl Safe ist Programm, denn er ist die optimale Lösung, wenn ein sicheres Ventil-Subsystem benötigt wird. Weiterhin verfügt er über eine verifizierte Software mit konfigurierbaren Sicherheitsreaktionen und Steuerungsoptionen. Dieser Aktuator ermöglicht dem Anwender seine elektronische Steuereinheit zu vereinfachen, weil er sich für die Sicherheitsreaktionen auf den SAFE42 verlassen kann. Beide Stellantriebe sind für On- und Off- Highway konzipiert. Während der SENSE42 Anwendung in Teleskopladern und Kippern findet, ist der SAFE42 für den Einsatz in Baggern, Front- und Radladern, Lenkungssystemen sowie Autokranen geeignet. Bei den neuen Produkten SENSE42 und SAFE42 spielt das Thema Sicherheit eine große Rolle. Welchen Stellenwert hatte für Sie das Thema funktionale Sicherheit bei der Entwicklung neuer Produkte? Die Elektrifizierung und Komplexitätserhöhung von mobilen Maschinen in den letzten Jahren hat teilweise dazu geführt, dass die Risiken während des Einsatzes dieser Maschinen gestiegen sind. Maschinenrichtlinien wurden eingeführt, um unter anderem die Sicherheit des Fahrers zu garantieren. Diese Direktiven basieren auf Normen, welche die Anforderungen unter anderem im Bereich Funktionale Sicherheit beschreiben. Wurden vor Jahren Kipper, Autokrane und andere LKW-Anbauelemente vor allem mit Hebeln bedient, so wird eine große Mehrheit heute über Remote ansteuert. Der Operator befindet sich häufig weiter entfernt vom LKW, was eine erhöhte Intelligenz von der Maschine fordert. Ähnliche Anforderungen finden wir beispielsweise auch bei Teleskopladern, an deren Teleskoparm Arbeitskörbe gekoppelt werden können. Jede Anwendung benötigt ihre eigene Sicherheitsreaktion, welche oft unterschiedlich erfüllt werden kann. Mit unseren beiden neuen Produkten bieten wir diese Möglichkeiten und unterstützen unsere Kunden die am besten geeignete Lösung für Ihre Anwendung zu finden. Hierzu haben wir ein engagiertes Team von Sicherheitsexperten, die in der Lage sind das funktionale Sicherheitsproblem von A bis Z mit dem Kunden zu besprechen. www.sonceboz.com Das Interview führte Svenja Stenner, Redakteurin Mobile Maschinen Mobile Maschinen 5/2017 31

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